Intakt oder Kastration?

Außer der Wahl, ob Rüde oder Hündin gilt es noch zu überlegen, ob Sie einen kastrierten Hund oder einen intakten, also einen nicht kastrierten Hund möchten.

Wenn Sie bereits wissen, wohin Sie Ihr Weg mit dem Hund führen soll, dann steht meist schon fest, ob er kastriert oder intakt sein soll.

Möchten Sie mit ihm auf Ausstellungen und/oder an sportlichen Veranstaltungen teilnehmen, werden Sie sich eher auf einen unkastrierten Hund einstellen.

Soll es für Sie nur ein Familienhund sein, mit dem Sie sonst keine weiteren Pläne haben, stehen Ihnen beide Wege offen.

 

Der Großteil der über den Tierschutz zu vermittelnden Hunden ist kastriert. Nur sehr wenige Organisationen vermitteln unkastrierte Tiere.

Dies hat oft die Intention, dass mit den ohnehin schon zu vielen Tierschutzhunden deren Vermehrung ausgeschlossen werden soll.

 

Im Ansatz zwar ein guter Gedanke – ABER häufig werden die Hunde viel zu früh kastriert, sodass die Hunde ihre hormonelle Entwicklung leider nicht durchleben können und oft ein gestörtes Verhalten wie auch mögliche körperliche Beeinträchtigungen entwickeln können. Zudem wird oft noch kurz vor der Ausreise kastriert und manchmal geht ein Hund mit noch nicht gänzlich verheilter OP-Wunde oder noch nicht richtig überstandener Narkose auf den Transport. Bei Hündinnen wird manchmal mitten in der Läufigkeit oder gar kurz davor oder danach kastriert, was zu erhöhter Blutungsneigung führt und so ein erhebliches Gesundheitsrisiko darstellt.

 

Sich für einen kastrierten Hund zu entscheiden ist sicherlich dann eine gute Lösung, wenn Sie sich bei Hündinnen nicht um die Zeiten der Läufigkeit kümmern können oder möchten (aufpassen, dass der Hündin innerhalb der „Stehtage“ die Rüden in der Nachbarschaft nicht auf den Pelz rücken oder gar die Haustüre belagern). Auch im eigenen Rudel ist dies eine bequeme Lösung, weil Sie dann die Rüden und Hündinnen nicht separieren müssen. Bei kastrierten Rüden haben Sie meistens ein weniger ausgeprägtes typisches Rüdenverhalten. Wobei die Kastration dafür keine Garantie ist. Nicht wenige kastrierte Rüden verhalten sich wie intakte Artgenossen. Der einzige Unterschied ist nur, dass sie keinen Nachwuchs mehr zeugen können.

 

Wenn Sie aus den oben genannten Gründen einen kastrierten Hund vorziehen, sollten Sie aber berücksichtigen, was eine Kastration für den Hund bedeutet und in welchem Alter eine Kastration durchgeführt wurde, da sich dies auf Gesundheit und Verhalten des Hundes auswirken wird.

 

Die Entscheidung, ob intakt oder kastriert gibt Ihnen dann auch meist schon die „Bezugsquelle“ Ihres neuen Gefährten vor.

 

Ein Welpe vom Züchter ist meist die einzige Möglichkeit einen unkastrierten Hund zu bekommen. Natürlich haben die Züchter ab und an auch mal erwachsene Hunde abzugeben – dies ist aber nicht die Regel und somit nicht planbar für Sie. Erkundigen Sie sich über die Landesverbände für Windhunde.

Auch bei „The Greyhoundshow“ werden ab und an erwachsene Greyhounds vorgestellt, die ein neues Zuhause suchen.

Anderenfalls ist es auch möglich, direkt vom Züchter/Trainer/ Besitzer in Irland oder Großbritannien einen erwachsenen, unkastrierten Greyhound zu kaufen oder über ein privates Rehoming zu erhalten.

Über den Tierschutz und seine verschiedenen Vereine erhalten Sie in der Regel nur kastrierte Hunde.

 

Besprechen Sie sich ggf. mit dem Tierarzt Ihres Vertrauens und hören Sie sich um, informieren Sie sich rundum über dieses Thema, falls Sie unentschlossen sind.

 

Eine Kastration ohne medizinische Notwendigkeit gilt hier in Deutschland als tierschutzwidrig und ist generell verboten!

 

 

Folgende Beiträge möchten wir Ihnen vor Ihrer Entscheidung ans Herz legen:

 

Die Kastration beim Hund - Ein Paradigmenwechsel

 

https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=18951

 

Die Tierschutz-(Zwangs-)Kastration beim Hund: Nicht mehr zeitgemäß!

 

https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=20006

 

Kastration beim Hund (Teil 2) - Fragen und Antworten

 

www.tierarzt-rueckert.de

 

Buchempfehlung

„Kastration und Verhalten beim Hund“ von Sophie Strodtbeck/Udo Gansloßer

Ja, das kann durchaus passieren, dass der eine oder andere Rüde ein stärkeres Rüdenverhalten zeigt als andere seiner Artgenossen, aber generell sind längst nicht alle Rüden so. Wie schon erwähnt, führt eine Kastration auch nicht immer zum gewünschten (ruhigeren) Ergebnis.

Die meisten intakten Rüden sind hingegen völlig normal zu führen und sind auch nicht aggressiv ihren Artgenossen gegenüber. Es gibt sogar sehr häufig reine Rüdengruppen, die völlig problemlos zusammenleben. Rüden, die sich dann doch mal in die Wolle bekommen, machen oft nur viel Geschrei, sind aber in der Regel nur selten schwer verletzt. Keiner möchte einen Kampf heraufbeschwören, der größere Verletzungen hervorrufen könnte. Wie in der Natur auch, sind sie drauf aus, durch eine große Show den Kontrahenten dazu zu bringen den Rückzug anzutreten. Verletzungen führen zu Schwäche und das wird nach Möglichkeit vermieden. Natürlich kann es zu Kämpfen kommen, die auch schwere Verletzungen nach sich ziehen! Allerdings kommt dies bei Rüden seltener vor als bei Hündinnen.

 

Kastration: Die Auswirkungen auf den Rüden

Viele Kastraten sind nach wie vor an läufigen Hündinnen interessiert, sie decken läufige Hündinnen mit allem was dazu gehört, nur eben ohne Nachwuchs zu zeugen. Sie hauen unter Umständen auch ab. Sie schnuppern am Boden, sabbern, jammern und „leiden“ wie auch intakte Rüden ein paar Tage, wenn sie direkt mit läufigen Hündinnen zusammen leben oder engeren Kontakt haben.

Ein Rüde, der vor Vollendung seines ersten Lebensjahrs kastriert wird, bleibt je nach Kastrationszeitpunkt bis an sein Lebensende z.B. in der Spielkindphase oder der pubertären Rüpelphase stecken, er wird von anderen Hunden nicht für voll genommen und kann seinerseits nicht optimal kommunizieren. Oft können sie nie die Souveränität wie intakte erwachsene Hunde erreichen, um mit Konfliktsituation gut umzugehen, was zu Stress bei Hund und Halter führt. Zu beachten ist auch, dass Dauerstress sich auf die Gesundheit des Hundes auswirkt.

Kastrierte Rüden riechen (je nach Kastrationszeitpunkt) für intakte Rüden nach (läufiger) Hündin, weil sie kein Testosteron mehr produzieren und das kann zu ungewollten Auseinandersetzungen führen, wenn der Kastrat ständig durch andere Hunde belästigt wird und der Besitzer diese Situation nicht gut und vor allem immer konsequent regelt. Diese Rüden können sich dann kaum in Gruppen mit anderen Hunden frei bewegen, da sie ständig belagert werden. Bei zu früh kastrierten Rüden wurde ein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt. Oft wird die Kastration zur Vermeidung möglicher Prostatatumore empfohlen, an denen ein intakter Rüde erkranken kann. Studien haben jedoch ergeben, dass auch viele Prostatakrebspatienten kastriert sind. Ebenso fehlt das Testosteron für die stabile Entwicklung von Sehnen und Bändern, weshalb entsprechende Verletzungen oft vorprogrammiert sind (Sehnenüberdehnungen, Kreuzbandriss etc.).

Von einer Kastration beim Rüden zur Abmilderung des Aggressionsverhaltens ist abzuraten, bzw. kann die Wirkung sogar gegenteilig sein. Hier muss mit Erziehung die Situation geregelt werden und nicht durch Kastration. Im Einzelfall können Sie aber mittels eines Kastrationschips testen, ob dadurch ein unerwünschtes Verhalten reduziert wird, bevor Sie Ihr Tier einer unnötigen Operation unterziehen, die ihrerseits auch Risiken birgt und nicht rückgängig gemacht werden kann. Wirkt der Chip nicht auf sein Verhalten, so bringt auch die operative Kastration nicht den gewünschten Erfolg und Sie sollten eine Hundeschule aufsuchen, um daran zu arbeiten.

Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, Bewegungsunlust und im Alter häufig eine Schilddrüsenunterfunktion (dies sind allenfalls im Moment noch Beobachtungen und noch nicht durch Studien belegt). Weitere Nachteile entnehmen Sie bitte dem Blogbeitrag von Herr Rückert.

Wer nur den Nachwuchs verhindern möchte, kann auch die Sterilisation in Betracht ziehen. Bei der Sterilisation wird der Samenleiter durchtrennt, aber die Hormonproduktion findet weiter statt.

Bzgl. Schutz der läufigen Hündin während dieser Zeit finden Sie hier mehr Informationen:

https://greyhound-community.com/der-greyhound/fuersorge/laeufigkeit

 

Leben intakte Hündinnen zusammen und befindet sich eine Hündin noch in der Entwicklung, dann kann es während den ersten beiden Läufigkeiten durchaus zu Stress unter den Damen kommen. Wenn Hündinnen sich in die Wolle bekommen, so sind die Folgen meist dramatischer als bei den Rüden. Auch das hat seinen Ursprung noch in der Natur: die Hündinnen hüten „das Nest“ mit den Jungtieren. Wenn dort ein Feind auftaucht, dann geht es zum Schutz der Jungen um Leben und Tod. Hündinnen können dann erbitterte Kämpfe ausfechten, die zu erheblichen Verletzungen führen. Daher sind Hündinnengruppen mit mehreren intakten Hündinnen eher mal ein Konfliktherd.

Manche Hündinnen bekommen im Alter (ab 7-8 Jahre) Probleme mit der Läufigkeit. Sie sind lange scheinträchtig, leiden seelisch wie körperlich darunter und brauchen lange, um sich davon wieder zu erholen. Dies wäre ein Grund für eine medizinisch notwendige Kastration. Möglichst, bevor die Hündin durch mehrere solcher schweren Läufigkeiten gegangen ist und noch jung und fit genug für eine Operation ist.

 

Kastration: Die Auswirkungen auf die Hündin

Im Gegensatz zu der Kastration bei Rüden ist die Kastration der Hündin eine Bauchraum-OP mit den entsprechenden Risiken einer solchen OP.

Bei Hündinnen ist ebenfalls die Entwicklung ins Erwachsenenalter gestört, wenn diese vor ihrer ersten Läufigkeit schon kastriert werden. Es wird auch oft aufgeführt, dass das Risiko für Gesäugetumore damit minimiert wird – hierzu gibt es aber noch keine verlässlichen Studien, die belegen würden, dass unkastrierte Hündinnen häufiger an Mammatumoren erkranken als kastrierte. Bewiesen ist jedoch, dass die Kastration andere Tumorarten begünstigt. Eine weitere Nebenwirkung kann Inkontinenz sein. Größere Rassen haben ein bis zu 30%iges Risiko daran zu erkranken, neben Übergewicht, Bewegungsunlust und einer späteren Erkrankung der Schilddrüse (noch nicht durch Studien bewiesen). Weitere Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte auch hier den Blogbeiträgen von Dr. Rückert.

 

Hündinnen, die eher zu „aggressivem/unsicherem“ Verhalten neigen, zeigen nach einer Kastration eine gesteigerte Tendenz zu diesem Verhalten. Die Herunterstufung bringt daher mehr Konfliktpotential mit sich, was ggf. durch gutes Management der intakten Hündin einfacher zu lösen gewesen wäre.

Ebenfalls ist die Kastration im hohen Alter eine Zumutung für die Tiere – werden sie dann doch oft noch über 10-jährig kastriert.

Wer auch hier nur den Nachwuchs verhindern möchte, aber ansonsten mit dem Intaktsein der Hündin keine Probleme hat, kann auch bei der Hündin die Sterilisation wählen. Sie hat ein weitaus geringeres OP-Risiko und weniger Nebenwirkungen als die Kastration.

 

 

Klare Regeln sind das A + O! Eine Kastration ersetzt nicht die

Erziehung!

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